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Donnerstag, 10. Oktober 2019
Abschaffung der ersten Schulstunde?
Zu "Todmüde am Morgen" / "Schafft die erste Stunde ab"
(BZ vom 10.10.19, S. 10)

Die Forderung nach der Abschaffung der ersten Schulstunde ist ein typisches Beispiel für die unausgegorene Schulpolitik der letzten Jahr(zehnt)e. Dabei wird eine naive Erneuerungsidee auf inkompatible Forschungsergebnisse gestützt: Wenn z.B. Forscher sagen, dass Pubertierende morgens längeren Schlaf brauchen, dann ist es unsinnig, eine entsprechende Umfrage unter Erst- bis SechstklässlerInnen zu zitieren, denn die sind davon gerade nicht betroffen. Wer kleine Kinder hat, der weiß, dass in der Regel sie es sind, die am Wochenende die Eltern aus dem Bett treiben, und nicht umgekehrt.

Wenn zudem, wegen der Berufstätigkeit der Eltern, eine Betreuung für die erste Stunde gefordert wird, dann können die Kinder ja wieder nicht länger schlafen, womit auch das Ergebnis der Seattle-Studie obsolet wird. Außerdem vermisse ich eine Studie über den Unterrichtserfolg zwischen 14 Uhr und 15.30 Uhr: Schon die alten Römer wussten, dass voller Bauch nicht gern studiert.

Damit sind wir beim zitierten Schrecken, dass die Schule dann bis 14 Uhr dauern würde: Auch das ist weltfremd und zeigt, dass die falsche Klientel befragt wurde, denn Schüler der Mittel- und Oberstufe, also solche ab der Pubertät, haben längst Nachmittagsunterricht, und der würde sich mit der aktuellen Idee noch weiter in den Abend ziehen.

Hier liegt meines Erachtens die Wurzel des Übels: Wenn SchülerInnen wöchentlich 30 und sogar bis zu 36 Unterrichtsstunden verkraften müssen (Folgen der Umstellung aufs achtjährige Gymnasium), dann ist das für die meisten eine Überforderung. Wer kann acht bis zehn Unterrichtsstunden an einem Tag verkraften? Wann soll denn all der Stoff nachgearbeitet, geschweige denn verdaut werden?

Diese Frage ruft gemeinhin die billige Forderung nach einer "Entrümpelung des Lehrplans" hervor, aber kaum zwei Menschen sind sich einig, was denn "Gerümpel" und demzufolge entbehrlich sei. Statt dessen werden neue Fächer erfunden, BNP, NWT, IMP, vieles davon kommt zusätzlich auf den Stundenplan.

Aber erst wenn die Stundentafel für die SchülerInnen wesentlich abgespeckt wird, kann man meines Erachtens über eine Veränderung der Unterrichtszeiten reden.

(Leserbrief an die BZ,10.10.2019)

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Wider den Ausdruck "Missbrauch"
Zwei Thüringer Polizisten wird laut BZ vom 4.10. vorgeworfen, eine Frau "sexuell missbraucht und vergewaltigt" zu haben. Unabhängig davon, dass eine derartige Tat, wenn sich der Vorwurf bestätigt, schändlich und skandalös ist, sollte man auch einmal über den Begriff "Missbrauch" in diesem Zusammenhang nachdenken.
Er ist nämlich aus meiner Sicht menschen-, im aktuellen Zusammenhang frauenverachtend. Denn der positive Gegenbegriff wäre "Gebrauch". Eine Frau - oder allgemein: ein Mensch - ist aber kein Gebrauchsgegenstand. Ich fände es daher angemessener, wenn der Begriff "Missbrauch" (auch in der Jurisprudenz) durch "Misshandlung" ersetzt würde.
(Leserbrief an die BZ, 4.10.2019)

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